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Rousseau et
l’egalité, La
nouvelle revue, vol.63/Paris Mars-avril 1890, S.319ff.
Mit dem Pseudonym „Fergus“ gezeichnet.
Neuveröffentlichung:
Pauls Lafargue, Essays zur Geschichte, Kultur und Politik
(Hrsg. Fritz Keller), Karl Dietz Verlag, Berlin 2004.
Übersetzer: Johann Schögler.
Deutschsprachige Erstveröffentlichung.
Stellen, die mit einem Stern * versehen sind, sind Einfügungen des
Herausgebers.
Transkription: Fritz Keller.
HTML-Markierung: Einde O’Callaghan für das Marxists’
Internet Archive.
Monsieur Thiers sagte
einmal, der Journalismus führe überall hin, vorausgesetzt man gehe darüber
hinaus. In England, wo die öffentliche Meinung herrscht, hat man von der Presse
eine gehobenere Meinung als daß man sie, nachdem man die Stufen der Macht
erklommen hat, gleich einer Leiter mit Fußtritten wegstößt. Die angesehendsten
und hochrangigsten Wissenschaftler schrecken nicht davor zurück, zur
journalistischen Feder zu greifen und mit dem Leserpublikum über Tagespolitik
beziehungsweise über wissenschaftliche und philosophische Fragen zu
diskutieren. Die zwei europaweit bekannten Schriftsteller, die Messieurs
Spencer [3] und Huxley haben
nämlich soeben eine Polemik über den Ursprung des Eigentums und der
Staatsintervention aufgenommen: Die Diskussion hatte in der Times
[4] begonnen und wurde in
der Daily Telegraph und der Nineteenth Century,
einer der wichtigsten Londoner Zeitschriften, fortgesetzt; und – trotz der Tumulte
der Alltagsereignisse – ist sie mit diesen Fragen, die von allgemeinem
Interesse sind, auf ein begeistertes Publikum gestoßen.
Für die Leser der Nouvelle
Revue wäre es interessant, die widersprüchlichen Meinungen der beiden
polemisierenden Wissenschaftler zusammenzufassen und wiederzugeben; ich werde
mich allerdings nur mit jenem Artikel aus der Nineteenth Century
über die Natürliche Ungleichheit des Menschen befassen, in dem
Professor Huxley gegen Rousseau und seinen Gesellschaftsvertrag
[Contrat social] [5] und die Abhandlung
über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen
[Discours sur l’origine et le fondement de l’égalité parmi les hommes],
diese zwei Meisterwerke des 18. Jahrhunderts, polemisierend ins Feld zieht,
wobei ich die Betrachtungen eines Monsieur Spencer beiseite lasse.
Monsieur Huxley ist ein
Gegner des „Rousseauismus“ ja er hat sogar für die theoretische Gleichheit
einen so tiefgründigen und intensiven Widerwillen, daß dies fast unerklärlich
ist, denn die Gleichheit würde seine hohe gesellschaftliche Stellung, die auf
der Überlegenheit seines Talentes und seiner Kenntnisse beruht, nicht bedrohen.
Das einfache Wörtchen Gleichheit erschreckt ihn und versetzt ihn derart in
fürchterlichen Zorn, den er wortgewaltig und anti-wissenschaftlich loszuwerden
versucht, indem er das, was er die „Prinzipien des Evangeliums nach
Jean-Jacques dem Träumer“ nennt, kritisiert.
Hobbes [6] hatte schon vor
Rousseau auf eine absolutere Art und Weise die Theorie der Gleichheit
verteidigt. [7] Wie auch immer,
Rousseau und seine Schüler sind es, die ihn in Wut versetzen; sie haben diese
Pest in die Welt gesetzt, sie haben die Amerikaner derart „französisiert“,daß
sie in ihrer Unabhängigkeitserklärung diesen Horror, daß „alle Menschen von
Geburt an frei und gleich sind“, festschrieben; „eine so eindeutig falsche
Behauptung, daß sie als lächerlich abgetan werden könnte, würde sie nicht so
große Gefahren in sich bergen“, schreibt Monsieur Huxley empört. Rousseau
untermauert die Theorie, so fährt er fort, nur durch „eine kindliche und
unaufrichtige [silly and insincere] Rhetorik“ und mit Argumenten „aus dem
schleierhaften Land des a priori“ [8], aber „so
bewundernswert aufbereitet, daß es die große Anzahl der oberflächlichen Denker
[shallow thinkers] berührt“. Aber wenn der Monsieur Professor gerade noch davor
zurückschreckt Rousseau direkt einen „Idioten [fool]“ zu nennen, so deswegen,
„weil seine Schriften in der Welt einen derartigen Anklang finden“, obwohl sie
in seinen Augen nur „unverdauliche Gerichte“ darstellen. Das aber, was ihn
beunruhigt, und was ihn in die Arena der Polemik zwingt, ist der Umstand, daß
diese absurden Prinzipien über Freiheit und Gleichheit, die schon so viel
Unheil angerichtet haben, „nach einer relativen Dunkelperiode wieder an die
Oberfläche kommen und einen nachhaltigen Einfluß auf die Ereignisse des
praktischen Lebens auszuüben drohen“. Man könnte geradezu glauben, daß die
Angst dem geschickten Verbreiter des Darwinismus auf den Fersen ist. Sie
alleine könnte das aus dem Gleichgewicht gebrachte Gedankengut und diese
sprachlichen Gewaltexzesse bei einem Mann entschuldigen, der sich in seiner
Polemik mit den hohen kirchlichen Würdenträgern so höflich zeigt, obwohl gerade
sie ihn mit ihren aus der Bibel stammenden Argumenten, mit ihrer These des
spontanen Entstehens des Menschen, der Tier- und Planzenarten, auf die Palme
treiben müßten. Der hitzköpfige Gegner der Gleichheit zeigte sich ihnen
gegenüber von beispielhafter Geduld.
Monsieur Huxley nimmt
in der Welt der Wissenschaft einen sehr bedeutenden Platz ein und „die
Prinzipien Rousseaus“ haben in Frankreich und in der Welt eine zu wichtige
Rolle gespielt, als daß sich nicht ein Verfechter der Gleichheit und der
französischen Revolution gefunden hätte, der diese brutalen Angriffe nicht
gerne aufgegriffen hätte, die ein Bewunderer des englischen Gelehrten mit
„Schlägen, die ein Boxer auf die Augen seines Gegners niederprasseln läßt“
verglich. Da mir daran lag, in der gleichen Zeitschrift und in der Sprache, in
der die Attacken veröffentlicht worden waren, zu antworten, schrieb ich Mister
Knowles, dem Direktor der Nineteenth Century; er antwortete
mir postwendend, daß er mein Anliegen aufgreifen werde. Aber nachdem er
zweifelsohne erst Monsieur Huxley zu Rate gezogen hatte, hat er beschlossen,
meinem Vorschlag nicht nachzukommen. – Aber die Direktorin der Nouvelle
Revue hat mir infolge ihrer allgemein liberalen Einstellung bereits
erlaubt, in ihrer Zeitschrift wenig orthodoxe Ideen über die Familie, das
Eigentum und die französische Revolution kundzutun, und da sie weiß, daß
Meinungen, die heute als blasphemisch erscheinen, morgen vielleicht in Mode
sein werden gibt sie mir von Neuem die Möglichkeit das Prinzip der Gleichheit,
das zu einer französischen Devise geworden ist, zu verteidigen.
Da die Nouvelle
Revue in England vertrieben und gelesen wird, werden die Leser der Nineteenth
Century direkt oder indirekt von meiner Antwort Kenntnis bekommen.
Es ist ein Zeichen der
Zeit, daß der Professor seine Kritikpunkte gegen den „Gesellschaftsvertrag“ und
die „Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den
Menschen“, die viele Leute als überholt betrachten und die wie sie meinen nur
von wenigen Intellektuellen im stillen Kämmerlein gelesen werden, gerichtet
hat. Monsieur Huxley ist ein aufgeweckter Geist, der den Eindrücken der
praktischen Welt offen gegenüber steht. Daß er Rousseau, einen Schriftsteller
des 18. Jahrhunderts angegriffen hat, der am besten die gewünschten
Zielvorstellungen einer reichen und gut gebildeten Klasse ausgedrückt hat,
einer Klasse, die aber sozial und politisch herabgesetzt war, ist darauf
zurückzuführen, daß es in England zu Ereignissen kommen könnte, die den Kreis
der Gleichheit, der sich im vergangenen Jahrhundert gebildet hatte, ausweiten
könnte und daß die Thesen Rousseaus, obwohl zahlreiche Korrekturen vorgenommen
werden müßten, noch von einer Arbeiterklasse, die ihre wirtschaftliche
Emanzipation einfordert, verwendet werden können.
Vor etwa 12 Jahren
haben die Politiker Englands, die sich an den Chartismus [9] nicht mehr erinnerten,
die Nationen des Kontinents, der von sozialen und revolutionären Krisen
heimgesucht worden war, bemitleidet. Der gute alte englische „common sense“
wurde durch die Utopien auf die Probe gestellt. Eine
sozialistische Partei hat sich in einem Land, das sich vor der sozialen
Ansteckung gefeit geglaubt hatte, spontan herausgebildet. Diese Partei ist noch
nicht einmal zehn Jahre alt und hat schon Sektionen in allen Industriezentren.
Sie gibt Zeitungen und Zeitschriften heraus. Sie besetzt am Sonntag die
Kreuzungen mit Straßenrednern. Ein Abgeordneter wurde ins Parlament gewählt.
Sie faßt Fuß im Gemeinderat, in der Kommission der Londoner Schüler und in den
Provinzstädten. Sie hat so bedrohliche Demonstrationen organisiert, daß die
Regierung die so alte ehrwürdige Versammlungsfreiheit, auf die die Engländer so
stolz sind, in Frage hat stellen müssen.
Der Grundbesitz, der
das ursprüngliche Thema der Auseinandersetzung zwischen Spencer und Huxley war,
ist seit langem wegen seiner ausgesprochenen Monopolisierung und
Feudalstellung, Ursache ständiger heftiger Angriffe. [10] Die Befürworter des
Freihandels des Grundbesitzes verlangen die Aufteilung und den Verkauf der
großen Besitztümer. Die zahlreichen Anhänger von Henry George [11] wollen, daß der Staat
sie übernimmt, sie verpachtet und die Budgetausgaben aus dem Preis der
landwirtschaftlichen Verpachtungen deckt. Die katholische Partei, deren
Mitgliederzahlen und deren Einfluß ansteigen, erinnert immer wieder daran, daß
die Güter der Kirchen und Klöster, die den Armen gehörten, beschlagnahmt worden
waren und an die protestantischen Reformatoren verteilt wurden, von denen
Walter Scott [12] im Sinne Voltaires [13] sagte, daß sie niemals
auf ihren eigenen Vorteil vergaßen. Das rasche Anwachsen der sozialistischen
Partei gibt diesen Angriffen auf den Grundbesitz eine neue Kraft. Die Landlords
sind sehr zuversichtlich. Sie werden dafür bezahlt, daß sie wissen, daß in
diesem als konservativ geltenden Land die radikalsten Maßnahmen im Handumdrehen
getroffen und ebenso hart umgesetzt werden: In letzter Zeit griff das Kabinett
Gladstone [14] ohne Umschweife die
heiligen Eigentumsrechte an, indem es in Irland mit diktatorischer Macht
ausgestattete bewaffnete Kommissionen einsetzte, die bei berechtigten Klagen
der Pächter den Mietpreis für Ackerland annullieren und die Pachthöhe
herabsetzen konnten.
Monsieur Huxley
übernimmt die Verteidigung des Eigentums gegen alles und jeden. Er greift
Rousseau und die Philosophen des 18. Jahrhunderts nur an, weil deren Schriften
den Reformern des Grundeigentums Argumente liefern. Er verurteilt
unwiderruflich ihre Gleichheitstheorien, die nach ihm nur auf der a priori
Auffassung eines „Naturzustandes“ beruhen, auf einem „natürlichen Gesetz“, das
nie existiert hat und nie existieren kann. Denn er als positivistisch
eingestellter Mensch, der seine Auffassungen nur auf lange beobachtete
Tatsachen fußt, hat noch nie feststellen können, daß die Kinder frei und gleich
geboren werden, so wie es das sonderbare Rousseauistische Axiom behauptet. So
berichtet er den Lesern von seinen wichtigen Beobachtungen:
Ich habe, sagt er, eine
beträchtliche Anzahl von Neugeborenen gesehen [...]. Wie kann man nur
behaupten, daß diese kleinen Sterblichen, die nicht einmal ein Glied in eine
bestimmte Richtung bewegen können und die nichts außer Schreien und sich nur
ungenau bewegen können, politisch gleich genannt werden können, es sei denn
ihre Gleichheit ist jene von Nullen? Wie kann man nur diese kleinen Kreaturen
frei nennen, wenn keines von ihnen vierundzwanzig Stunden überleben könnte,
würden sie nicht von mütterlichen Händen gefesselt und gezwungen ihren
umherirrenden Mund dämlich an die Brust zu setzen, die sie von selbst niemals
finden würden? [...] Es ist ganz sicher ein Scherz und noch dazu ein
schlechter, von der politischen Bedeutung eines Neugeborenen zu sprechen.
Der gelehrte Professor
schließt, nachdem er auf diese komische Art und Weise das a priori von
Rousseau zerstört hat, daß aus dieser falschen Prämisse abgeleitete
Schlußfolgerungen falsch und wertlos sind. Lassen wir ihn doch auf diesen so
herrlich verdienten Lorbeeren ausruhen.
Es gibt aber mehr als
nur eine Möglichkeit in absoluten Kriterien zu denken. Anstatt etwas von einem
als absolut betrachteten Prinzips abzuleiten, wie es die unbeirrbaren Logiker
des 17. und 18. Jahrhunderts taten, kann man einfach alles, was nicht in dieses
Prinzip paßt, verwerfen. Die protestantischen Theologen, zum Beispiel, weisen die
Evolutionstheorie zurück, nicht weil sie falsch sei, sondern weil sie für sie
das göttliche Eingreifen in die Entstehung der Arten überflüssig macht; dieses
Eingreifen stellt für sie eine absolute Wahrheit dar. [15] Der Evolutionist
Huxley überlegt ähnlich. Er stellt fest, daß es zwischen den Menschen in der
heutigen Gesellschaft eine Ungleichheit der Güter, der Rechte und der Pflichten
gibt; er stürzt sich entschlossen auf die Schlußfolgerung, daß diese
Ungleichheit ein absolutes, unumstößliches Prinzip ist, das immer existierte
und in „sæcula sæculorum [alle Ewigkeit]“ existieren wird. Diese Ungleichheit
beruhe auf der menschlichen Natur selber, sie ist ein „Naturgesetz“; und er
verwirft alles, was nicht mit seinem Ungleichheitsaxiom konform geht, denn es
ist eine a posteriori Schlußfolgerung. Monsieur Huxley muß wohl noch
daran glauben, daß die sogenannten a priori Ideen, ebenso wie die a
posteriori Ideen auch von mehr oder weniger vollständigen, genauen und
verallgemeinerten Beobachtungen abgeleitet werden.
Wenn Monsieur Huxley
zwischen den Windelkindern keine politische Ungleichheit bemerkt hat, so hat er
doch scharfsinnig bei ihnen ein gleichwertiges Unvermögen und ein gleiches
Bedürfnis sich mit ihnen zu befassen und sie zu behandeln, beobachtet. Diese
Bedürfnis- und Schwächegleichheit hätte ihn warnen sollen vor dem Absoluten
einer a posteriori Ungleichheit. Von dieser Bedürfnis- und
Schwächegleichheit haben Rousseau und andere auf die Naturgleichheit
geschlossen, die sich ein Monsieur Huxley nicht als eine Idee a posteriori
vorstellen kann.
Es ist ganz praktisch
und bietet vielen oberflächlichen Denkern die Möglichkeit so die historischen
Phänomene zu erklären : Anstatt im sozialen Milieu die Ursachen, die sie in
fataler Weise hervorgerufen haben, zu suchen, wird ihr Entstehen dem Einfluß
eines Menschen oder einer Theorie, die die Rolle eines „deus ex machina [Gott
aus der (Theater-)Maschine = unerwarteter Nothelfer]“ spielt, zugeordnet.
Monsieur Huxley stürzte sich auf diese erklärende Methode. Er macht Rousseau
und seine Gleichheit verantwortlich für die Unabhängigkeit der
Amerikaner, die erst beschlossen hatten frei und gleich zu sein, nachdem sie
„französisiert“ worden waren. Auch für die schrecklichen Ereignisse der
französischen Revolution macht er einen Rousseau verantwortlich. Und weiters
ist es Rousseau und seine Gleichheit, den er für das zukünftige Unglück, das er
für die englischen Großgrundbesitzer befürchtet, gerade stehen läßt.
Aber Rousseau hat einen
breiten Rücken; seit langem wird er für die Sünden Israels [16] verantwortlich
gemacht. Kaum waren die revolutionären Auseinandersetzungen vorbei, als die
ruinierten und vertriebenen Adeligen über die Philosophen und ihre Theorien
herfielen, anstatt sich über ihr eigenes Verhalten Rechenschaft abzulegen und
sich zu fragen, ob nicht ihr blinder Widerstand gegen die Reformen, die aufgrund
der Widersprüche notwendig geworden waren, die Zornesausbrüche verursacht haben
und ob dies nicht einer der Hauptgründe ihres Unglücks war. Sie machten aus den
Philosophen Sündenböcke, die für die Raubzüge und Massenhinrichtungen des
Jakobinischen Terrors geradestehen mußten. Von 1796 bis 1880 wurde der Kampf
aus der Öffentlichkeit nur zurückgedrängt, um sich rund um die Philosophen zu
entzünden. Dieser theoretische Kampf, erstickt zwischen den revolutionären
Dramen, die ihm vorangingen, und den ihm nachfolgenden Napoleonischen Kriegen,
ist viel zu wenig bekannt. Ihn zu studieren ist wichtig, um den Ursprung der
modernen Gesellschaften zu finden. Die Zitate, die wir anführen werden,
erlauben es dem Leser die verwirrenden Geisteshaltungen dieser kritischen Jahre
zu beurteilen, wobei bewiesen werden kann, wie sehr sich Monsieur Huxley über
den Einfluß Rousseaus getäuscht hat.
Rivarol [17], dieser spirituelle
Parasit, der durch seinen Sarkasmus und seine Epigramme im Journal
politique national [Nationalpolitischen Zeitung] [18] und in Les
actes des apôrtes [Akten der Aposteln] wesentlich
dafür verantwortlich war, daß der Haß vertieft und der Kampf bis ans Äußerste
getrieben worden war, war auch einer der ersten, die das Feuer eröffneten. Von
Hamburg aus, wohin er geflohen war, um der Guillotine zu entkommen,
veröffentlichte er eine haßerfüllte Broschüre gegen die „Moderne Philosophie“.
Die Philosophen und Rousseau, „die Romantiker eines wilden Staates“ hatten
mitten in Friedenszeiten den Sturm der Revolution angefacht: Sie waren Schuld
an den Ausschreitungen und Verbrechen durch ihr Anprangern der Reichen und ihr
Aufstacheln des Mitleids mit den Armen, „die, wie Chateaubriand [19] sagte, unendlich
gefährlicher sind als die Reichen und oft weniger wert sind als sie“. [20] Die Philosophische
Dekade,die am 10. Floreal des Jahres II [*29. April] (1794) gegründet
worden war, um die Prinzipien von 1789, die durch die Gewaltexzesse der
Jakobiner in Frage gestellt wurden, zu verteidigen und in der Schüler der
Philosophen Garat [21], J.B.Say [22], de Gérando [23], Lacépède [24], Doktor Sue, der Vater
des berühmten Eugène Sue, usw. schrieben, übernahm es auf Rivarol zu antworten.
Die Philosophie,
konterte die Décade vom 30. Fructidor des Jahres IV (*16.
September 1796), hatte eine finanzielle, militärische, zivile, moralische und
religiöse Reform angekündigt und vorbereitet und nicht eine politische
Revolution [...] Sie hatte sich sogar mehr an die Könige als an die Völker
gerichtet, sie hatte eher die ersteren zur Behutsamkeit aufgerufen, als daß sie
die anderen zum Aufstand aufgestachelt hätte [...] Sowohl Voltaire als auch
Rousseau selbst hatten ihre Hauptwerke an die Mächtigen des Landes gerichtet,
niemals an die Unterdrückten. Voltaire verlangte vom Königtum die Reichtümer,
dessen Bild die Philosophie gezeichnet hat, zu verteilen; niemals hat er dem
Volk geraten sie sich zu holen. Er wollte, daß das Königtum mit der ganzen
Macht der Güte und der Aufklärung ausgestattet wurde. Es war also ein sicheres
Weiterbestehen, das er suchte, und nicht den Ruin der Monarchie [...] Nur der
Abbé Mably [25] hatte gegen die
Reichen gewettert und gegen das Eigentum [...] Mably war allerdings eher
Publizist denn Philosoph. Niemals hatte man ihn mit Montesquieu [26],Voltaire und Rousseau
– schon nicht wegen der Art seiner Werke – gleichgesetzt. Alle in der
Gesellschaft kannten seine ständigen Angriffe auf Voltaire.
Die Nummer des
10.Thermidors des Jahres II (*28. Juli 1794) hatte daran erinnert, daß die öffentlichen
Essen des Jahres 1793, bei denen alle Bürger, die in der gleichen Straße
wohnten, zusammen an „gemeinsamen mitten auf der Straße aufgestellten Tischen“
aßen, „ein Geschenk der Aristokratie waren und daß der Jakobiner Barrère [27] es war, der deren
Abschaffung im Namen der Revolution und der Moral gefordert hatte“. Roederer [28] sollte später in
seiner Abhandlung über die Politische Ökonomie [29] oder im Republikanischen
Lyceum Rousseaus Ruf rächen, den Idioten und Halunken besudelten, indem
sie behaupteten, er habe die Aufteilung der Güter gewollt, wohingegen er
aufgezeigt hatte, daß das Eigentum das Gesellschaftsprinzip darstellte. (Décade, 10. Pluviosus des
Jahres IX [30. Jänner 1801]).
Und das, was Monsieur
Huxley überraschen wird ist nicht, daß man die Gleichheit, dieses
Schreckgespenst, für den Ursprung der terroristischen Verbrechen verantwortlich
macht, sondern die Fortschrittstheorie, das System der Perfektheit, „das eine
der erstaunlichsten Fähigkeiten der Menschheit darstellt“, sagte Talleyrand [30] in seinem Bericht vom
10.September 1791 über das öffentliche Unterrichtswesen.
Madame de Staël schrieb
[31], daß das
Perfektionssystem wegen der schrecklichen Folgen, die man in den fürchterlichen
Zeiten der französischen Revolution daraus zog, so widerwärtig geworden war.
Das Allgemeinprinzip, von dem die Jakobiner sich leiten ließen, bestand im
Perfektionsprinzip, wobei die Wiedereinsetzung der Gesetze des Lykurgus [32] den ersten Schritt
darstellte.
Nicht Rousseau konnte
man verantwortlich machen, daß er jemals eine derartige Doktrin vertreten
hätte; er, der im Gegensatz dazu in seiner bekannten „Abhandlung über den
Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“, „der
allgemeinen Öffentlichkeit aller Altersgruppen Argumente geliefert hatte,
wonach die menschliche Natur degeneriert sei und daß es ständig bergab ginge“,
wie es ihm Condorcet [33] vorwarf.
Wenn man so gut in
Fahrt war, konnte man doch nicht innehalten und man nahm den analytischen
Geist, den Necker [34] schon anläßlich seiner
Polemik mit Condorcet über den Getreidehandel angegriffen hatte, aufs Korn. [35] In der oben zitierten
Broschüre frevelt Rivarol gegen „den analytischen Geist, der überall Lösungs-
und Zersetzungsmittel einsetzt [...] Er tötet und zerstückelt lebendige Menschen,
um sie besser zu kennen [...] Dieser üble Geist ist es, der alles schlecht
findet, der die ganze Politik, die Moral, die Religion und vor allem die
Könige, zerstört [...] der nur für die Zukunft und das Unbekannte Augen und
Ohren hat, der Zeitgenossen Haß wünscht und über Eigentumsrechte nur lächelt“.
Die Reaktionäre mußten logischerweise so weit kommen, daß sie ein Studium der
Mathematik, dessen analytische Ableitungsmethode die philosophische
Geisteshaltung des 17. und des 18. Jahrhunderts gewesen war, verdammten. „Wie
sollte man auch mit Leuten, die sich in Wolken von Gleichungen einwickelten,
vernünftig reden können“ sagte Bernadin de Saint Pierre; tatsächlich, so fuhr
der Abbé von Lamblardie fort, „ist es bewiesen, daß die Mathematik steril für den
Geist ist“. [36]
Und damit Chateaubriand
einer der Führer der Katholischen Partei werden konnte, mußte er reaktionäre
Ideen verteidigen und akzeptieren und er schlußfolgerte:
Die Mathematik trocknet
die Herzen aus, macht das Leben unlustig und bringt einfältige Geister zum
Atheismus und vom Atheismus zu allen möglichen Verbrechen (Mercure,
16. Messidor des Jahres IX [*3. Juli 1801]).
Ist Monsieur Huxley,
der erklärt, „daß die ausgelöschte Laterne der Philosophen jene, die ihr
folgen, in den tiefsten Sumpf der Anarchie stürzen wird“, ein Anhänger der
unverfrorenen Logik der Reaktionäre des Endes des letzten Jahrhunderts? Sollte
er die Mathematik und die analytische Methode verurteilen, die
Evolutionstheorie bestreiten, die unter einem anderen Namen die
Fortschrittstheorie und das Perfektionssystem der Philosophen ist und sollte er
mit Rivarol einer Meinung sein, daß man nicht mehr Fortschritte machen dürfe
denn, „das gute Gesetz ist nicht das beste Gesetz, sondern die unveränderlichste
[...] Legitimität besitze nur alles, was unveränderlich ist“.
„Der erste, der ein
Stück Land einzäunte, auf den Gedanken verfiel zu sagen: Das gehört mir, und
Leute fand, die schlicht genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche
Gründer der Gesellschaft“, sagt der so viel zitierte Satz aus der Abhandlung
über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen.
[37] Rousseau setzt also
voraus, daß das Land vorher Allgemeineigentum war. Hobbes, der in England und
in Frankreich auf die Herausbildung der modernen Ideen einen so großen Einfluß
ausübte, hatte schon die gleiche Annahme gemacht:
Die Natur, sagte er,
hat jedem ein Recht auf alles gegeben; [...] in dem Naturzustand darf jeder
alles haben und tun. Und das ist der Sinn des bekannten Satzes: Die Natur hat
allen alles gegeben. Daraus ersieht man auch, daß im Naturzustand der Nutzen
Maßstab des Rechtes ist. [38]
Dieses Zitat beweist
Monsieur Huxley, daß Rousseau nicht für das Wiederaufleben des Naturzustandes
der griechischen Stoiker [39] in Europa
verantwortlich gemacht werden kann, deren philosophische Doktrin ein Protest
gegen den Sozialstaat ihrer Epoche darstellte.
Der primitive
Kommunismus eines Hobbes und eines Rousseau war eine einfache Sicht des
Geistes, den sie wahrscheinlich mit keiner einfachen gut überprüften Tatsache
untermauern hätten können. Monsieur Huxley, der sich keine Sicht des Geistes
erlaubt, ruft aus:
Rousseau verläßt das
bescheidene aber solide Feld der Erfahrung und wendet sich dem erhabenen aber
düsteren Land des a priori zu [...]. Die absolute These, daß die Erde in primitiven Zeiten
ganz einfach im Besitz der ganzen Nation war, ist besonders schlecht fundiert.
Und nicht weniger
absolut behauptet er, daß „das Land immer in individuellem Besitz oder in
Händen mehrerer zugleich war, niemals jedoch war es öffentliches Eigentum oder
in den Händen der ganzen Nation“.
Überprüfen wir einmal,
ob der „unwissende Rousseau“ oder der gelehrte Herr Professor Recht hat und um
dies zu tun, schauen wir, was jene sagten, die mit den Wilden und Barbaren zu
tun hatten.
Monsieur Huxley besitzt
zweifelsohne in seiner Bibliothek das Buch Vom Gallischen Krieg;
möge er es bei Buch VI, § 22 aufschlagen und dort nachlesen:
Auch hat niemand ein
bestimmtes Stück Land oder eigenen Grundbesitz, sondern Stammesführung und
maßgebliche Männer teilen jährlich den Familien- und Verwandschaftsverbänden
[gentibus cognationibusque hominum, quique una coierint] und anderen
Genossenschaften ein angemessenes Feldstück dort zu, wo man es für richtig
hält, zwingen sie aber im nächsten Jahr, anderswohin zu gehen. [40]
Dieses Brauchtum hatte
neben anderen Gründen zum Ziel, daß „ein Geist der Gleichheit im Volk bestehen
blieb, denn jeder bekommt zu seinen Einkünften soviel dazu, bis er mit den
Finanzkräftigeren gleichgestellt ist„ .So war also das Land bei den Germanen,
die Cäsar kannte, im gemeinsamen Eigentum des gesamten Volkes. Elphinston [41] fand bei den
afghanischen Stämmen, die er zu bekämpfen hatte, die gleiche Art der
Eigentumsform in den Händen der gesamten Nation und eine periodische Neuaufteilung
zwischen den Clans und den Familien vor. [42] Überall, wo man an den
Ursprung zurückkehren konnte, hat man den gleichen Gemeinschaftsbesitz an Erde
vorgefunden.
Morgan [43] hat in seinem letzten
und bemerkenswerten Werk über die „Häuser und das häusliche Leben der Rothäute“
eine ganze Reihe von Beweisen über diesen primitiven Kommunismus angeführt. Er
gibt diesen besonders interessanten Abschnitt des berühmten böhmischen
Missionars Heckewelder [44] wieder, der inmitten
der Indianer von 1771 bis 1786 lebte und ihrer Sprache mächtig war.
Die Indianer denken,
der Große Geist habe die Erde und alles was sie
bietet zum gemeinsamen Nutzen aller Menschen geschaffen. Als er sie mit
Früchten bedeckte und mit Wild bevölkerte, so tat er dies nicht zum Nutzen
einiger, sondern zum Wohle aller [...]. Die Gastfreundschaft ist bei ihnen
nicht eine Tugend, sondern eine Pflicht [...]. Sie würden lieber Hunger leiden,
als den Bedürfnissen des Fremden, des Kranken oder des Bedürftigen, die alle
ein Anrecht haben, daß ihnen auf Kosten des Allgemeinbesitzes geholfen wird,
nicht nachzukommen. So war zum Beispiel das Fleisch, das man ihnen anbietet,
vorher im Allgemeinbesitz in den Wäldern. Das Wild war im Besitz aller, bevor
es vom Jäger erlegt wurde. Mais und Gemüse wuchsen auf gemeinschaftlichem
Boden, nicht durch das Zutun des Menschen, sondern durch den Willen des Großen
Geistes.
G(*eorge) Catlin [45], der acht Jahre
hindurch inmitten der wilden Stämme Nordamerikas lebte und umherreiste,
berichtet, daß bei den Mandanen [46] jeder Mann, jede Frau
oder jedes Kind das Recht hatte, in irgendeine der Hütten zu gehen, sogar in
jene des Chefs und essen konnte was ihm/ihr beliebte .... Sogar das unnützeste
Individuum der Nation kann, wenn es zu faul ist selbst auf die Jagd zu gehen,
in irgendeine Hütte gehen und man wird mit ihm teilen, solange es noch was zu
essen gibt. Es muß jedoch jener, der so bettelt, obwohl er auf die Jagd gehen
könnte, teuer für seine Nahrung bezahlen, denn er wird als Feigling und als
Bettler abgestempelt. Diese kommunistische Praxis, die allgemein verbreitet
war, war noch lange nachdem die Spartaner ihre Phase der Barbarei hinter sich
hatten, in Lakonien [47] aufrecht erhalten
geblieben.
Morgan, der
insbesondere die Sitten der Irokesen, mit denen er lebte, untersucht hatte,
übermittelt uns, daß sie ihre Felder gemeinsam bestellten, daß sie die Ernte,
die Früchte der Jagd und des Fischfangs innerhalb der Familienclans verteilten.
Oft wurde die Verteilung nach der Anzahl der Frauen vorgenommen. Die Vorräte
waren ihnen jedoch nur sozusagen anvertraut worden, denn sie standen zu jeder
Zeit für die gesamte Gemeinschaft zur Verfügung.
Die von Cäsar,
Elphinston und Morgan gesammelten und berichteten Fakten, deren Intelligenz und
Beobachtungskraft niemand in Frage stellen wird, bekräftigen die hypothetische
Annahme Rousseaus und Hobbes , die Monsieur Huxley in so überhebliche Weise ins
Lächerliche zieht. Die Erde war im gemeinsamen
Besitz der Familienclans der wilden Nationen und alle hatten das Recht sich
frei aus den durch die gemeinsame Arbeit der Clans erhaltenen Vorräten zu
bedienen und dies bis zur völligen Ausschöpfung der Vorräte.
Der primitive
Kommunismus der Erde und seiner Früchte stellte eine perfekte politische und
soziale Gleichheit zwischen allen Mitgliedern innerhalb einer Nation her. Der
ins Dorf zurückgekehrte Kriegschef besaß keinerlei Macht mehr – „nur mehr sein
eigenes Kind gehorchte ihm“, berichtet Volney [48] – und der
Verwaltungsrat hatte nur noch eine moralische Autorität; seine Mitglieder
wurden nach dem allgemeinen Wahlrecht ernannt. Die Frauen nahmen auch oft an
den Wahlen und an den Beschlüssen des Rates teil: Die Germanen, berichtet Tacitus,
billigten ihnen einen „etwas Heiliges und Seherisches [sanctum aliquid et
providum]“ [49] zu. Vor allem bei der
Verteilung der Lebensmittel anläßlich der Mahlzeiten kam diese Gleichheit zum
Vorschein. Die Männer und die Frauen aßen getrennt. Jeder Irokese erhielt seine
Ration in einem Behälter und da es in ihren langen Häusern weder
Tische noch Sesseln gab, aß ein jeder dort, wo es ihm beliebte. Die Frauen und
die Kinder aßen erst, wenn die Männer fertig waren. Die Syssitien [50], diese kommunistischen
Mahlzeiten im Alten Griechenland, sind gleichzusetzen mit jenen der Irokesen,
die Morgan beschreibt.
Heraklit von Pont [51], ein Schüler Platos [52], hat uns die
Beschreibung eines dieser kommunistischen Essen Kretas [53] überliefert, wo die
primitiven Sitten noch sehr lange weiterbestanden hatten. Bei den „andreia
[Männermahlzeiten]“ erhielt jeder Erwachsene einen gleichen Anteil, außer dem
Archonten. [54] Das Ratsmitglied der
Alten (gerontia) erhielt vier Mal so viel: eine Ration als einfacher
Bürger: einen andereren Teil als Tischpräsident und zwei weitere Anteile für
die Instandhaltung des Saales und der Möbel. Alle Tische unterstanden der Obhut
einer Matriarchin, die die Lebensmittel verteilte, die – für alle ersichtlich –
die schönsten Stücke für jene beiseite legte, die sich im Rat und auf dem
Schlachtfeld ausgezeichnet hatten. Die Fremden wurden zuerst bedient, sogar vor
dem Archonten. Ein Pokal, in dem sich Wein mit Wasser gemischt befand, wurde
von Person zu Person weitergereicht und er wurde am Ende des Essens wieder neu
aufgefüllt. Heraklit spricht nur von gemeinsamen Männermahlzeiten. Höck [55] nimmt jedoch an, daß
es in den dorischen Städten auch Frauen – und Kindermahlzeiten gab. [56] Das, was wir über die
dauernde Geschlechtertrennung bei den wilden und barbarischen Völkern wissen,
bestätigt die Annahme des gelehrten Historikers Kretas. Plutarch [57] lehrt uns, daß bei den
gemeinsamen Essen (Syssitien) kein Mitbürger höher gestellt war, als irgend ein
anderer. Er nennt sie auch aristokratische Versammlungen (synedria aristokratika).
Jene Personen, die an einem gleichen Tisch saßen, gehörten wahrscheinlich zur
gleichen Familie. In Sparta bildete die Syssitie eine militärische Division,
die auch zusammen kämpfte. Die Wilden und die Barbaren, die es gewohnt waren
gemeinsam zu handeln, treten immer in Familien, Clans und Stämmen auf.
Daß jedes Clanmitglied
seine Lebensmittelration erhielt, war von so übergroßer Bedeutung, daß das Wort
„moira“ – was soviel wie Essensportion eines Mitbewohners heißt – schließlich
die Bedeutung der Göttin der Schicksals annimmt, der höchsten Göttin, die auch
über den Göttern und Menschen steht und die jedem seinen Existenzanteil
verteilt, so wie die Matriarchin der kretischen Syssitien jedem Mitbewohner
seinen Lebensmittelanteil zuteilte. Man muß auch anmerken, daß in der
griechischen Mythologie das Schicksal in der Person der Frauen auftritt (Moira,
Aissa, Keres) [58] und daß ihr Name
soviel wie Anteil, der einem jeden bei der Aufteilung der Lebensmittel oder der
Beute zukam, bedeutet.
Der primitive
Kommunismus, bei dem alle einen gleichen Anteil erhielten, verpflanzt in den
Herzen der Wilden das Gleichheitsgefühl so vordergründig, daß sie es sich gar
nicht vorstellen können, daß ein anderes Mitglied ihres Stammes auch nur in
irgend einer Sache übervorteilt werden könnte. Darwin berichtet [59], daß er, nachdem er
einem Wilden im Feuerland eine Wolldecke geschenkt hatte, die dieser zu
schätzen schien, überrascht war zu sehen, daß dieser sie in gleichbreite und
gleichlange Streifen zerschnitt und sie unter seine Kameraden verteilte. Der
Feuerländler machte diese scheinbar absurde Handlung sicherlich nur, um seinem
Gleichheitsgefühl und jenem seiner Weggefährten gerecht zu werden.
Als man die ersten
Landstriche aufteilte, ging man auf alle Fälle analog vor. Nachdem die Wilden
die Oberfläche nicht berechnen konnten, mußte man das Feld in gleich breite und
gleich lange Streifen aufteilen; das Landmaß der primitiven Römer, der actus,
umfaßte 40 m Länge und 1m 30 Breite. Das Schwierigste bei der Sache war es
wegen des unregelmäßigen Geländes gerade Linien zu bekommen und zu diesem
Zwecke wurden diese kleinen Landstriche in rechteckiger Form begrenzt; nur die
gerade Linie konnte sie zufriedenstellen; sie beeindruckte sie so sehr, daß sie
schließlich zu einem Gleichheitssymbol wurde, so wie die Matriarchin, die die
Anteile bei den griechischen Syssitien verteilte, zur Personifizierung des
Schicksals wurde. In allen europäischen Sprachen und wahrscheinlich in den
Sprachen aller Völker dieser Erde, die zum kollektiven und individuellen
Eigentum gelangt sind, bezeichnet das gleiche Wort etwas, das in gerader Linie
ist, und die Idee der Gerechtigkeit, das Recht an sich. [60]
Rousseau hatte eine
geniale Eingebung, als er behauptete, daß „der erste, der ein Stück Land
einzäunte, auf den Gedanken verfiel zu sagen: Das gehört mir, und
Leute fand, die schlicht genug waren, ihm zu glauben, war der eigentliche
Gründer der Gesellschaft“. Solche Denker, deren Scharfblick so tief in die
Dunkelheit der Vergangenheit eingedrungen ist, sind äußerst selten.
Schon vor dem Entstehen
des Eigentums lebte der Mensch in Gesellschaft, aber erst ab dem Zeitpunkt, als
die gemeinschaftliche Landnutzung in familiäres oder kollektives Eigentum und
in der Folge in individuelles aufgeteilt wurde, haben sich Sitten und daraus
die Zivilgesetze herausgebildet. Das griechische Genie machte aus Demeter, der
antiken Göttin der Erde, die Göttin der Landwirtschaft und der Gesetze. – Die
ersten landwirtschaftlichen Aufteilungen haben sich in Nationen vollzogen, in denen
die Individuen noch nicht durch ihre sozialen Ungleichheiten differenziert
waren, und dieser Geist ist wiederzufinden in den Ursitten und in den wilden
und barbarischen Gesetzen, die diese Aufteilungen regulierten. So fand auch
Aristoteles [61], als er nach dem
Ursprung der Entstehung der Politik suchte, diese in der Gleichheit.
Die Stadt, sagte er,
ist nur eine Vereinigung gleichwertiger Wesen, die gemeinsam nach einer glücklichen
und leichten Existenz suchen. Da der Staat auch nur eine Vereinigung
gleichwertiger Wesen ist [...] ist es also richtig, daß die Macht- und
Pflichtanteile eines jeden absolut gleich groß sind und genau dies reguliert
das Gesetz. [62]
>Die Gesetzgeber zur
Zeit des Antonius [63] unterstrichen diese
Gleichheit zu Beginn der Gesellschaften, als sie ihr juridisches Axiom
formulierten: „Omnes homines natura æquales sunt [Alle Menschen sind von Natur
aus gleich]“.
Erst im Verlaufe der
historischen Entwicklung führte die Vereinigung der Gleichen in ihrer
Gemeinschaft Handwerker, Sklaven und Leibeigene ein; und erst ab diesem
Zeitpunkt unterschieden sich die Gleichen unter ihnen durch die Ungleichheit
zuerst an Gütern, und in der Folge in der Ungleichheit des Rechts und der
politischen Pflichten.
Die Ungleichheit, die
Monsieur Huxley zum absoluten Prinzip erhebt, ist ein Phänomen der historischen
Entwicklung und kann sich folglich in die eine oder in die andere Richtung
entwickeln. Gewisse Wirtschaftsbereiche, wie z.B. das Sklavenmilieu,
übertreiben sie; andere wiederum versuchen sie zu verringern. In unserer
Gesellschaft stürzen der Spekulationszufall und die kommerzielle und
individuelle Konkurrenz die festeingesessendsten Reichtümer um und legen neue
gesellschaftliche Stellungen fest. Voltaire, der diese Charakteristik der
modernen Gesellschaft erfaßt hatte, meinte dazu etwas zynisch:
Da die Menschen in
allen Dingen maßlos sind, wenn sie die Möglichkeit dazu haben, ist die
Ungleichheit auf die Spitze getrieben worden. [...] Jeder Mensch hat im Grunde
seines Herzens das Recht, sich als den anderen Menschen völlig gleichgestellt
zu betrachten. Daraus folgt nicht, daß der Koch eines Kardinals seinem Herren
befehlen darf, ihm das Essen zu bereiten. Der Koch kann nur sagen: „Ich bin ein
Mensch wie mein Herr; ich bin, wie er, unter Tränen geboren; [...] Die
animalischen Funktionen sind bei uns beiden gleich. Wenn sich die Türken Roms
bemächtigen, ich dann Kardinal bin, und mein Herr Koch, werde ich ihn in meine
Dienste nehmen“. Das ist vernünftig und richtig gesprochen. Aber bis der
Großtürke Rom erobert, muß der Koch seine Pflicht tun, oder die ganze
menschliche Gesellschaft ist auf den Kopf gestellt. [64]
Konkurse und der
Börsenkrach ersetzen die Türken. Die Tendenz zur Gleichheit ist eine der
Entwicklungskräfte der modernen Gesellschaften: sie hat bereits das allgemeine
Wahlrecht durchgesetzt, eines der Schreckgespenster eines Monsieur Huxley. Dies
stellt rechtlich wenn schon nicht tatsächlich die politische Gleichheit her.
Die wirtschaftliche Gleichheit wird folgen, wenn die Zeit dafür reif ist.
Monsieur Huxley bezichtigt Rousseau des Ignorantentums. In der Tat
mußte dieser Sohn eines Uhrmachers, der sich nur unter schwierigen Umständen
bilden konnte, im Laufe seines sehr kränklichen Daseins, das voll von
Entbehrungen und Schwierigkeiten war, oft das Fehlen an Kenntnissen durch die
Kraft der Vorstellung und Induktion seines Genies ersetzen. Was soll man aber
vom gelehrten Professor halten, der über alle Lehr- und Musemöglichkeiten
verfügt, jedoch mit einer so perfekten Sicherheit über die Sitten der
primitiven Gesellschaften urteilt, die man zu Rousseaus Zeiten zu studieren
begann und der die Arbeiten Morgans und Bachofens [65] zu ignorieren scheint?
1. *
Erschienen unter dem Titel Rousseau et l’egalité in La
nouvelle revue, vol.63/Paris Mars-avril 1890, 319ff. Die Studie ist
mit dem Pseudonym „Fergus“ gezeichnet, da die Herausgeberin dieser renommierten
republikanischen Zeitschrift bei offen zur Schau getragenen Sympathien für die
„Roten“ mit Abonnement-Kündigungen rechnen mußte.
Deutschsprachige Erstveröffentlichung. Übersetzer: Johann Schögler.
Bearbeiter der griechischen Textpassagen: Dirk Schaberg. [Die griechischen
Texte sind in dieser on-line Ausgabe mit römischen Buchstaben wiedergegeben.]
2. * Der englische
Biologe Thomas Henry Huxley (1825-1895) war ein engagierter Gefolgsmann
Darwins. Philosophisch trat er für eine rein induktive Methode der
Wahrheitsfindung ein. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit hatte er eine
Fülle von öffentlichen Funktionen – er diente in über zehn Royal Commissions,
war erster Sekretär, dann Präsident der Royal Society, Mitglied der Londoner
Schulbehörde ...
3. * Herbert Spencer
(1820-1903) veröffentlichte bereits 1855, fünf Jahre vor Erscheinen von Darwins
Der Ursprung der Arten seine auf evolutionären Prinzipien
beruhende Schrift Principles of philosophy [Prinzipien
der Philosophie]. Mit seiner zehnbändigen Abhandlung System of
synthetic philosophy [System einer synthetischen Philosophie]
(1860ff.) propagierte er die Evolutionstheorie in allen Bereichen der menschlichen
Gesellschaft und wurde so zum Hauptexponenten einer philosophischen
Freibeuter-Theorie.
4. * 1785 in London
gegründete britische Tageszeitung.
5. * In dieser Schrift
forderte Rousseau, „daß kein Staatsbürger so reich sein darf, einen anderen
kaufen zu können, noch so arm, sich verkaufen zu müssen“ (zit. nach: Rousseau
– Ein Lesebuch für unsere Zeit, Berlin 1993, 225).
6. * Thomas Hobbes
(1588-1679), englischer Materialist der Aufklärung.
7. Hobbes ist derjenige,
der am klarsten und mit Nachdruck die Gleichheit der Menschen behauptet hat.
Ich empfehle dazu das folgende von Professor Huxley verwendete Zitat:
„Die Natur hat die
Menschen hinsichtlich ihrer körperlichen und geistigen Fähigkeiten so gleich
geschaffen, daß trotz der Tatsache, daß bisweilen der eine einen offensichtlich
stärkeren Körper oder gewandteren Geist als der andere besitzt, der Unterschied
zwischen den Menschen alles in allem doch nicht so beträchtlich ist, als daß
der eine auf Grund dessen einen Vorteil beanspruchen könnte, den ein anderer
nicht ebensogut für sich verlangen dürfte. Denn was die Körperstärke betrifft,
so ist der Schwächste stark genug, den Stärksten zu töten – entweder durch
Hinterlist oder durch Bündnis mit anderen, die sich in der selben Gefahr
befinden wie er selbst.
Und was die geistigen
Fähigkeiten betrifft, so finde ich, daß die Gleichheit unter der Menschen noch
größer ist als bei der Körperstärke [...] Was diese Gleichheit vielleicht
unglaubwürdig erscheinen läßt, ist nur eine selbstgefällige Eingenommenheit von
der eigenen Weisheit, von der fast alle Menschen annehmen, sie besäßen sie in
höherem Maße als das gewöhnliche Volk“ (Thomas Hobbes: Leviathan oder
Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staates,
Neuwied und Berlin 1966, 94 [13. Kapitel]).
8. * „a priori“
heißt eine Einsicht, deren Richtigkeit durch die Erfahrung weder bewiesen noch
widerlegt werden kann; „a posteriori“ heißt einen Erkenntnis, die aus
der Wahrnehmung, der Erfahrung stammt.
9. *1836 gründete eine
Gruppe Londoner Handwerker, zu denen Radikale, Owenisten und Gewerkschafter
zählten die „Londoner Working’s Association“, die durch eine „Peoples Charta“
eine Kampagne für allgemeines Wahlrecht in Gang setzte. Engels bezeichnete die
Chartisten als „die erste Arbeiterpartei unserer Zeit“ (MEW 22,
306).
10. Die letzte offizielle
Veröffentlichung der Doomsday returns [Das Jüngste
Gericht kommt wieder] aus dem Jahre 1874 zeigt, daß mehr als die
Hälfte Englands und der Grafschaft Gallines (an die sieben Millionen Hektar) im
Besitz von 4.500 Eigentümern ist. – In der Grafschaft Northumberland, mit einer
Oberfläche von 488.000 Hektar, daß zwei Besitzer 115.680 Hektar, d.h. mehr als
ein Viertel besitzen. – Die Hälfte Schottlands (3.800.000 Hektar) liegt in den
Händen von 70 Eigentümern. – Ein einziger Landlord besitzt alleine schon
530.000 Hektar in Schottland und 13.000 in England. – Fast die Hälfte Irlands
(3.850.000 Hektar) befindet sich im Besitz von 744 Eigentümern.
Nach einer Erhebung aus
dem Jahr 1774 gehören 29 Millionen Hektar, d.h. ein Fünfzehntel der
Gesamtoberfläche Großbritanniens von 1.800.000 Hektar, 12 Eigentümern. Noch
niemals gab es in Europa eine derartige Monopolstellung bei Grund und Boden,
wenn man vom antiken Italien absieht, als Plinius [*der Jüngere, ?-113] seinen
Verzweiflungsschrei ausstieß: „Die Großgrundbesitzer sind der Untergang
Italiens!“
11. * Der amerikanische
Journalist und Sozialreformer Henry George (1839-1897) sah im Privateigentum an
Grund und Boden die wesentliche Ursache für die Not. Seine Lehren hatten
starken Einfluß auf die englische und deutsche Bodenreformbewegung.
12. * Walter Scott
(1771-1832), schottischer Dichter.
13. * Voltaire
(Françoise-Marie Arouet) (1694-1778), einer der Hauptvertreter der Aufklärung
und Mitarbeiter an der Enzyklopädie.
14. * Der Premierminister
William Gladstone (1809-1898) verbündete sich während seiner zweiten Amtszeit
(1880-1885) im Parlament mit der irischen Nationalpartei.
15. Encyclopédie
des sciences religieuses [Enzyklopädie
der Religionswissenschaften], hrsg. unter der Leitung von L.
Lichtenberger, 1878 (Artikel Darwinismus).
16. * Anspielung auf die
Verehrung des Goldenen Kalbes während der Abwesenheit von Moses auf dem Berg
Sinai zum Empfang der zehn Gebote (Exodus 31ff.).
17. * Antoine Comte de
Rivarol (1753-1801), französischer Schriftsteller, emigrierte 1792 nach
Hamburg, starb in Berlin.
18. * Extraits
du Journal politique et national sind enthalten in: Œuvres
complètes de Rivarol, Paris 1808, 4, 1ff.
19. * François René
Vicomte de Chateaubriand (1768-1848), bourbonenfreundlicher Staatsmann und
anti-aufklärerischer romatischer Dichter (siehe dazu Lafargues Studie Die Anfänge
der Romatik).
20.
Chateaubriand: Essai historique, politique et moral sur les révolutions
anciennes et modernes consideréres dans leur rapport avec la révolution
français (Historisch-politischer-moralischer Essay
über die ehemaligen und aktuellen Revolutionen in ihrem Bezug auf die
französische Revolution), London 1797.
21. * Dominique Joseph
Garat (1764-1823), politischer Schriftsteller, Justiz- (1792) und Innenminister
(1793).
22. Jean Baptiste Say
(1767-1832), Ökonom, Mitglied des Tribunates unter Napoleon Bonaparte von
1799-1804.
23. * Baron Joseph Marie
de Gerando (1772-1842), Philosoph und Politiker.
24. *
Bernard Germain Étienne de la Ville Comte de Lacépède (1756-1825),
Naturforscher.
25. * Abbé
Gabriel Bonnot de Mably (1709-1785), Publizist.
26. *
Charles des Secondat Baron de la Brède et de Montesquieu (1689-1755), Rechts-
und Geschichtsphilosoph.
27. * Barrère Bertrand de
Vieuzac (1755-1841) gehörte dem „Comité de Salut public [Wohlfahrtsausschuß]“
vom 6. April 1793 bis 27. Februar 1794 an.
28. * Der Politiker und
Ökonom Pierre Louis Roederer (1754-1835) war Mitglied der konstituierenden
Versammlung von 1789; unter Napoleon wurde er Verwalter und 1809 in den
Grafenstand erhoben.
29. * Pierre Louis
Roederer: De la propriété considerée dans ses rapports avec le droits
politiques (*Eine Abhandlung über das Eigentum und die damit
verbundenen politischen Rechte), Paris 1819; die Conclusion
<[Schlußfolgerung] findet sich auf 32ff.
30. * Herzog von
Talleyrand (1754-1838), war zuerst Bischof, schloß sich aber der Revolution von
1789 an und war 1797-1807 Außenminister. Er widersetzte sich der
Eroberungspolitik Napoleon I., betrieb 1814 die Wiedereinsetzung der Bourbonen
und vertrat Frankreich erfolgreich auf dem Wiener Kongreß.
31. Madame de Staël: De
la littérature considérée dans ses rapports avec les institutions sociales
(Über Literatur, in ihren inneren Verhältnissen mit den
gesellschaftlichen Einrichtungen und dem Geist der Zeit), IX (*1800)
* Anne Louise Germain
Baronin von Staël-Holstein (1766-1817), Schriftstellerin, Tochter des
Finanzministers Necker, von Napoleon I. aus Frankreich verbannt. Nach
Frankreich zurückgekehrt sammelte sie die liberale Intelligenz ganz Europas um
sich. Ihr Kreis war eines der Entstehungszentren der Romantik (siehe dazu
Lafargues Beiträge Die französische Sprache vor und nach der Revolution
und Die Anfänge
der Romantik in diesem Band).
32. * Lykurgus ist ein
sagenhafter, für seine Strenge bekannter Gesetzgeber in Sparta im 9. Jhdt.
v.u.Z.
33. Discours
de réception á l’Académie française (Rede bei der
Aufnahme in die Académie française) am 21. Februar 1782.
* Marie Jean Antoine
Nicole Caritat, Marquis de Concordet (1743-1794), Mathematiker, Philosoph und
Politiker. 1792 wurde er Deputierter des Konvents, stimmte zunächst mit Danton,
später mit den Girondisten.
34. * Jacques Necker
(1732-1804) schweizer Großbankier, der sich aus dem Finanzgeschäft zurückzog
und ökonomische Studien verfaßte. 1788-1790 war er französischer
Finanzminister.
35. * Details dieser
Polemik finden sich im IV. Abschnitt der Studie Lafargues über Die
christliche Liebestätigkeit.
36. Traité
élémentaire de métaphysique et de morale (Grundlegende
Abhandlung über die Metaphysik und die Moral), X.
* Jacques Henri
Bernardin de Saint Pierre (1787-1814) ein Freund Rousseaus, der romantische
Novellen schrieb.
37. * Hier zit. nach
Rousseau, 96.
38. Thomas Hobbes: Élements
philosophiques du bon citoyen ou les fondements de la société civile,
übersetzt ins Französische von M. Sorbières, Amsterdam 1649 (* hier zit. nach
Thomas Hobbes: Vom Menschen – vom Bürger [Elemente der
Philosophie II/III], Hamburg 1959, 82f.).
39. * Die Stoiker wollten
„im Einklang mit der Natur leben“, in einem Zustand der „Apathie“, der
„Affektfreiheit“ die Glückseligkeit erreichen.
40. * Julius Cäsar: Der
gallische Krieg, hrsg. von Otto Schönberger, München-Zürich 1990, 285
(VI/ 22)
41. * Mountstuart
Elphinstone (1779-1859) war Historiker und zugleich einer der Baumeister des
britischen Empires in Indien und Afghanistan.
42. M(*ountstuart)
Elphinstone: An account of the Kingdom of Cabul [*Ein
Bericht über das Königreich von Kabul], 1837 (*erste Ausgabe 1815), 2,
15-22
43. * Lewis Henry Morgan
(1818-1881), nordamerikanischer Soziologe, befaßte sich über 40 Jahre mit
primitiven Gesellschaften. Seine Erkenntnisse faßt er in dem Standardwerk Ancient
society or researches in the lines of human progress from savagery through
barbarism to civilization (London 1877, New York 1878 [deutsche
Fassung: Die Urgesellschaft, Stuttgart 1908 (Reprint: Wien
1987)]) zusammen.
44. * Johann Heckewelder
verfaßte das Buch Nachricht von den Geschichten, den Sitten und
Gebräuchen der indianischen Völkerschaften, die ehemals Pennsylvanien und die
benachbarten Staaten bewohnten (Göttingen 1821, Reprints: Philadelphia
1819, Kassel 1975).
45. * George Catlin
(1796-1872), Maler und Ethnograph, veröffentlichte 1841 Letters and
notes on the manners, customs and conditions of the North American Indians
[Briefe und Anmerkungen über die Sitten, Gebräuche und die Lage der
nordamerikanischen Indianer] mit 300 Stahlstichen.
46. * Nordamerikanische
Indianer aus der Sprachgruppe der Sioux.
47. * Landschaft im
südöstlichen Peloponnes mit der Hauptstadt Sparta.
48. * Constantin François
de Chassebœuf Comte de Volney (1757-1820), Politiker, Historiker,
Forschungsreisender. Sein Buch Über das Klima und den Boden der
Vereinigten Staaten erschien 1803.
49. * Cornelius Tacitus: Agricola
– Germania, hrsg. von Alfons Städele, München-Zürich 1991, 89 (VIII/
2)
50. * Griechisch „syssitia“,
gemeinschaftliche Mahlzeit der Männer.
51. * Heraklit von Pont
(4. Jhdt. v.u.Z.), griechischer Philosoph, der als erster eine Drehung der Erde
um die eigene Achse angenommen hat.
52. * Plato (428-348)
Begründer der idealistischen Philosophie.
53. * Die
Tischgemeinschaften der Kreter werden auch in Aristoteles: Die
Lehrschriften, hrsgg. von Paul Gohlke, Paderborn 1959, 7/4 (Politik),
100ff. (II/10), geschildert.
54. * Höchster Beamter in
den Städten der Antike.
55. * Carl Höck war
Professor an der Universtät Göttingen und Sekretär der Hofbibliothek.
56. * „Es mag sein,“
schreibt Höck in seinem Buch Kreta – Versuch zur Aufhellung der
Mythologie und Geschichte der Religion und Verfassung dieser Insel von den
ältesten Zeiten bis auf die Römer-Herrschaft (Göttingen 1823-1829),
„daß die Jungfrauen – an verheiratete Frauen ist nicht zu denken – in anderen
dorischen Staaten [außer in Kreta und Sparta], wo sie auf ähnliche Weise, wie
die Jünglinge, ihre täglichen Leibesübungen und Spiele hatten und gleichfalls
zu Agelen vereinigt wurden, auch in Syssitien speisten“. Seine Schlußfolgerung
lautet jedoch: „Alles dies zusammengenommen, macht die neuere Meinung höchst
unwahrscheinlich, welche die Weiber mit den Männer in denselben Syssitien
sitzen läßt“ (3, Das dorische Kreta, 124).
57. * Mestrius Plutarchus
(46-~125), philosophischer Schriftsteller.
58. Symp. T. VIII, 851
(bei Höck) * Bei Hesiod gibt es drei „Moiren“: Klotho, die Spinnerin, Lachesis,
die das Los zuteilende und Atropos, die Unabwendbare; „Keren“ sind die
dunkelfarbigen Todesgöttinnen der Schlacht. „Aisa“ verkörpert das Schicksal.
59. * In: Charles Darwin: Voyage
of a naturalist around the world, 1846; deutsche Fassung Reise
eines Naturforschers um die Welt (Stuttgart 1962), 401, ähnlich 395.
60. * Vgl. dazu Lafargues
Studie Der Ursprung der Idee des Gerechten und Ungerechten; in: Neue
Zeit, XVII/2 (1898-99), 421ff., 464ff., 488ff..
61. * Aristoteles (384-322
[?]) ist philosophischer Repräsentant der griechischen Kultur während ihrer
Hochblüte. Er begründete die peripatetische Schule (von „peripatos
[Wandelgang]“)
62. Politique
d’Aristotle übersetzt von B. Saint-Hilaire, 1848,
3, XI, § 2 und 4, VII, § 2.
63. * Marcus Antonius
(121-180), römischer Staatsmann, Gefolgsmann des Cäsar, schloß das Trimvirat
mit Octavian und Lepidus und erhielt 40 v.u.Z. die östliche Reichshälfte; er
unterlag Octavian (dem späteren Kaiser Augustus) 31 bei Actium.
64. Dictionnaire
philosophique de Voltaire: article Égalité (*hier zit. nach
Voltaire: Philosophisches Wörterbuch, Leipzig 1984, 173).
65. * Der Rechts- und
Altertumsforscher Johann Jakob Bachofen (1815-1887) verfaßte das ethnologische
Standardwerk Das Mutterrecht, eine Untersuchung über die Gynäkokratie
[Frauenherrschaft] der alten Welt nach ihrer
religiösen und rechtlichen Natur (Stuttgart 1861) (siehe dazu
Lafargues Studie Das
Mutterrecht).
Zuletzt aktualisiert am
12.4.2004